[422] Thierbilder


Im Mönster zu Straßburg, gegen dem Predigstul vber,

neben dem Chor, ober dem Gang, da etliche Adeliche

Schildt hangen, in Stein in ein Capitalseul gehawen,

Vnd in betrachtung, das deß Mönsters Fundament

im Jahr Christi 1015. gelegt vnd folgenden 1277.

Jahre biß an den Thurn vollendet

worden, Vor mehr dann drey

hundert Jahren dahin

für ein Seul

Pasament

gesetzt.


Es fragen allzeit die Papisten,
Wo da waren die ware Christen,
Vor drey oder vier hundert jahren,
Da allsampt vnterm Papstumb waren,
[423]
So frag ich sie hinwiderumb,
Wo war Gotts Volck vnd Heyligthumb,
Da Elias sich klaget sehr,
Wie er allein sey, der Gott ehr?
Was ward aber für Antwort jhm?
Sagt nicht zu jhm deß Herren Stimm:
Es sind noch sieben tausent plieben,
Die nicht den Gottsdienst Baal trieben.
Wiewol sie nicht Elias kandt,
Kandt Gott die seinen doch im Landt.
Wa war die Kirch zu Noe zeiten,
Da Acht waren, sie anzudeuten?
Wa war sie, da Esaias klagt,
Gotts Statt sey worden ein gmein Magd
Vnd hab von Füssen biß zum Haupt
Nichts gantzes noch gsund, welchs recht glaubt?
Ja wa wars, da Christus dorfft sagen
Zun Phariseern inn sein Tagen,
Daß sie machten ein Mördersgruben
Auß Gottes Haus als Mördersbuben?
War sie beym grösten Hauff vorhanden,
Den Priestern, so die Kirch sich nanten
Vnd hatten äusserlichen Schein,
Daß sie dieselb auch solte sein?
Nein warlich, sie war nicht beym Pracht,
Sondern versteckt vnd vngeacht;
Sie stack beym kleinsten Hauffen zwar,
Der von der falschen Kirch lidt Gfahr:
Welche, da jre Hirten irrten,
Sich hielten an den waren Hirten,
Christum, sein Stimm vnd wort allein,
Einfältig als die Schäfflin rein.
Also hat allzeit Gott gehabt
Erwölte, mit seim Geyst begabt,
Die nicht inn Irrthumb verführt worden,
Vnd kandten den falsch Baalsorden,
Den Esel in der Löwenhaut,
Den Wolff im Schaffskleidt, die falsch Braut.
[424]
Wie sehr die Wölff herumbher zogen,
Mit List vnd Gwalt sehr viel betrogen,
Warn Gott sein Schäflin doch bekandt,
Vnd riß jhms niemandt auß der Hand.
Drumb sollen vns die Kirchenrühmer
Mit jhrer Frag nun klämmen nimmer,
Dann weil sie nach warn Christen fragen,
Ist klar, daß sie den Nam nicht tragen;
Vnd weil jhr Kirch steht auff dem Schein,
Muß sie die Phariseisch sein,
Fürnemblich da sie ab ist gwichen
Von Gottes klaren Wort vnd Sprüchen.
Vnd zu bewärung deß hieoben,
Daß Gott pflegt etlich zubegoben,
Den nicht der Grewel gfallt im Tempel,
So seh man hie diß schlecht Exempel
Von den Bildhawern, die diß haben
Zu Straßburg ghawen vnd erhaben
Im Münster vor dreyhundert Jahren,
Da im schwang Römisch mißbräuch waren.
Dann da die Priester worden Stöck,
Mußten die Stein eh Reden Keck:
Vnd weil das Römisch Priesterthumb
Gern gieng mit Puppen Bildern vmb,
Han die Künstler, die diß angaben,
Ihnen zum Spiegel diß gegraben;
Wie etwann, als Agrippa meldt,
Die Maler auch han fürgestelt
Den Teuffel, der Christum versucht,
Inn einer Münchskutt, halb beschucht.
Vnd wiewol ich eim jeden laß
Sein vrtheil, was bedeute das,
So muß ich doch nur etwas rühren,
Was sich hiezu nun mag gebühren.
Man trägt alhie für Heyligthumb
Ein schlaffend Fuchs, deut Heuchelthumb:
Die Heuchler stellen sich wie Schaf,
Vnd lauren wie ein Fuchs im Schlaf.
[425]
Allweil der Fuchs sich schlaffend stelt,
Hielt jhn für Gänßfrom die gantz Welt,
Vnd fraß die Gänß doch stäts gantz hel,
Wie das Opffer die Pfaffen Bel,
Aber da man ihn heut erweckt,
Da wird sein Fuchslist klar entdeckt,
Vnd will nun nicht mehr scheinen schlaffend,
Sondern mit Gwalt als befügt straffend.
Das ist zu Rom der Hellisch Fuchs,
Aller Füchs Vatter, der Welt Crux,
Der durch sein Ränck so hoch kam an,
Daß jhn anbettet jederman,
Vnd jhn für Heyligthumb vmbtrug,
Weil er den Schwantz durchs Maul jhn zug,
Vnd konnt in seiner Fuchsgrub Träumen
Gesetz, die sich zum Schein fein reimen.
Heut, da man seine Füchs thut kennen,
Vnd will den Fuchs auß der Hell brennen,
Da wüt er vnd wehrt sich zu letz
Wie ein Wild, das schon steckt im Netz.
Nun diß Römisch Fuchs Heuchelthumb
Tragen zween sauber Gsellen vmb,
Ein wüst Saw vnd ein stinckend Bock,
Ist jmmer schad vmb den Chorrock.
Die Saw zeigt an die Epicurer,
Die Pfründsäw, Mastschwein, Bauchknecht, Hurer,
Wie gmeinlich ist der Pfaffenherd,
Die dises Heyligthumbs sich nehrt.
Hinter demselben Schwein jhr finden
Die vnverschämpt Besti, die Hündin,
Welche dem Schwein greifft vntern Schwantz,
Für solche Braut ein rechter Krantz
Das deut die Pfaffen krawerin,
Eheschänder vnd Leibkellerin,
Die jhnen helfen jhr liebs Pfündlin
Durchschwenden mit den Bankartshündlin.
[426]
Der Bock deut die hoch Geistlichkeit
Mit der stinckenden Fleischlichkeit,
In jhren zweyhörnigen Hüten,
Die wie stoltz Böck in der Herd wüten,
Vnd alles vmb sich her erstänken,
Vnd die Kirch zum Bockstall erdenken.
Der Bär tregt den Weyhkessel vor,
Vnd ainen Sprengwadel empor,
Welchs deut den Grimm vnd Bärentratz,
Dadurch man schirmt die Menschen Gsatz,
Vnd besprenget die Leut mit Blut,
Wann man nicht jhren Willen thut.
Noch ist der Fuchs nicht gnügt am Bären,
Sonder, sich baß noch zuerwehren,
Muß jhm der Wolff das Creutz vortragen,
Weil er die Schaff kan dapffer jagen,
Vnd wann sie vnters Creutz nicht wöllen,
Sie dazu Creutzigen vnd Quelen.
Sonst deuts, daß, die sollen predigen
Den Creutzigten, sindt Wolff, die schädigen,
Schonen der Herd nicht vnd verirrten,
Welche sie hielten für war Hirten,
Werden dabey gantz vnersättlich,
Je mehr S. Peters Erb wächst weydlich.
Folgends, so tregt der Haß die Kertzen,
Welchs deuten soll die liechte Hertzen.
Aber was hilffts Liechts Hertz die Hasen,
Wann sies auß Forcht nicht scheinen lassen?
Also ists mit den Glehrten gstanden,
Die wol das Liecht etwas erkanten,
Aber auß blödem Hasen hertzen
Liessen die Finsternus sie herrschen.
Noch ist kein Bild, das besser trifft,
Welchs man gleich kennt ohn dise Schrifft,
Als der Meß Esel mit seim Kelch,
Der von den Todten hat Befelch,
Daß er sie auß dem Fegfewr murmel
Vnd vor dem Altar vmbher turmel,
[427]
Welchs, weil es für ein Hirtz viel achten,
Wollen wir es hernach betrachten.
Sonst zwar sindt solche Opfferknecht
Vnkunst halb wol grob Esel recht,
Nicht allein weil sie jhr Meßstrudeln
Selbst nicht verstehn, was sie da hudeln,
Sonder auch, weil sie nicht verstehn,
Was für ein Grewel sie begehn,
In dem sie den wölln opffern stät,
Der einmal sich auffopffern thet
Für die Sünd, vnd darzu den Layen
Stelen deß Herren Kelch ohn schewen;
Vnd wissen die Palm Esel nicht,
Daß jhn der Kelch reicht zum Gericht,
Weil sie jhn anderswo zu üben,
Als Christus jhn hat fürgeschrieben,
Vnd drumb der Hurenkelch drauß würd,
Welcher dem Antichrist gebürt,
Damit er die Leut zaubern kan,
Wie Circe deß Vlyssis Gspan.
Sonst die es für ein Hirtz ansehen,
Der Meynung ist auch nicht zuschmehen,
Dann jhm abbrochen ist das Ghürn,
Welchs sonst dem Hirtzen sterkt das Hirn
Vnd wider das Gifft jhn verwart.
Diß deut, daß die Meßbrüller Art
Kein Hirn noch Witz hat vnterm Lesen,
Vnd alls vergifften mit den Messen;
Sind doch gantz stoltze Hirtz darbey,
Vnd brünstig zu all Lastern frey.
Wem darff man demnach erst außlegen
Den Esel mit seim Buch zugegen?
Dieweil je keiner nicht vermeint,
Daß man hie die Chor Esel meint,
Welche das Predigampt hand gmacht
Zu eim Geheul bey Tag vnd Nacht.
[428]
Disem schönen Epistel Esel
Dient ein Katz für ein Pultbrett Sessel,
Welchs deut die schleckhafft Klosterkatzen,
Die Käßjäger, die heuchlisch Fratzen,
Die fornen lecken, hinden kratzen,
Vnd durch den Bettel die Leut schatzen,
Auch sich haben gantz vnverschampt
Eindrungen in das Predigampt,
Verführen durch süß Wort vnd Schwetzen
Vnschuldig Hertzen zu jhrn Gesetzen,
Treiben von Keuscheit viel Geschnatter,
Vnd rammeln doch wie Mertzenkatter.
Hiemit sey gnugsam angedeut,
Was gegenwertig Gmähl bedeut,
Darauß man sicht, wie Gott mit trewen
Etlich erleucht, wie gring sie seyen,
Vnd das sein Kirch nie außlescht gar,
Ob sie schon lang nicht scheint vor Gfahr.
Auch soll es hie befrembden kein,
Die falsch Kirch durch Thier angbild sein,
Weil nach S. Johannis Verstandt
Ihr höchst Haupt wird ein Besti gnandt,
Welche gleich wie Meduse Haupt
Die Leut hat aller Sinn beraubt.
Aber Gotts Lämlin wird diß Thier
Mit seinen Schuppen stürtzen schier.
Darumb folgt dem, so David bitt,
Vnd seyt wie Roß vnd Mäuler nit,
Welche nimmer han kein verstand,
Vnd werden gzäumpt mit Gbiß vnd Band,
Auff daß jhr nicht in Pful gstürtzt werd
Mit dem Thier zu sampt seiner Herd,
Dafür vns Gott wöll stäts bewaren
Vnd samblen zu seins Lämblins scharen.

Notes
Entstanden um 1574 als Erklärung zu den satirischen Tiergestalten am Straßburger Münster.
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TextGrid Repository (2012). Fischart, Johann. Thierbilder. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-A717-5