[203] XCVI.
Eine Jungfer stirbt an einer Arzney, die sie aus Vorsicht als ein Präservativ eingenommen hatte.

Es ist ganz gewiß richtig, daß man sich nicht zu viele Mühe geben, und nicht Kenntniß und Wissenschaft genug besitzen kann, wenn man sich unterstehet, andere zu curiren. Folgendes Beyspiel ist wegen der schlimmen Wirkung der präservirenden Mittel, sehr merkwürdig. Eine Jungfer von 35. Jahren, die niemals weder purgieret noch sich zu Ader gelassen hatte, befande sich bey einer Dame im Dienste, die so sehr für die Arzneymittel eingenommen war, daß sich ihre Bedienten nicht besser bey ihr in die Gunst setzen konnten, als wenn sie recht oft Arzneyen einnahmen, sie erwiese ihr endlich, nach vielen Widerstand auch die Gefälligkeit, zu purgieren und sich zu Ader zu lassen; aber diese Purganz, ungeachtet sie nur aus zwey Unzen Caßia, und zwey Quent Senetblättern bestunde, und in dem Haus dieser Dame und zwar mit ihren eigenen Händen zubereitet wurde, lieferte die Jungfer innerhalb sieben Tagen glücklich in das Grab.


Rep. des Lett. Jun. 1686. tom. 9. p. 715.


[204] Ein Carmelitermönch von L – – – in F – – – brachte aus einer eben so dienstfertigen Unwissenheit wie diese Dame, seine leibliche Mutter mit einer einzigen Dosin des aillaudischen Pulvers so gut als mit einem Schießpulver um das Leben, und vieleicht hatte er nicht einmal so viel Verstand, daß es ihm gereuet hätte; denn man siehet, daß diese Ordensgeistliche, der königlichen Befehle und besondern Verbote, die ihnen geschehen sind, ungeachtet, dieses Pulver jedermann mit gleich fortdaurender Verwegenheit zukommen lassen.


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TextGrid Repository (2012). Dumonchaux, Pierre-Joseph-Antoine. 96. Eine Jungfer stirbt an einer Arzney. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-86DB-4