[111] Theresia die Gütige

Sined der Barde.


Zieret, eh' der Herbst euch bleichet,
Zieret Sineds Harfenspiel,
Frische Blätter! die der Barde
Von der schönsten Eiche schnitt,
Zu Theresiens
Ehre schnitt!
Tönet, eh' der Tag sich neiget,
Durch den hohen Fürstensaal,
Frische Saiten! die der Barde
Seiner Feierharfe kor,
Zu Theresiens
Ehre kohr!
Von der Güte sollt ihr tönen,
Saiten, die der Barde kor!
Von der Güte, die die Fürstinn,
Zu der nahen Aehnlichkeit
Des unendlichen
Wesens hebt.
[112]
Gütig ist Allvater. Gnade
Geht von seinem Antlitz aus;
Und aus seinen Händen strömet
Immer Segen auf die Welt.
Ist Theresia
Nicht sein Bild?
Wenn aus lauen Frühlingswolken
Wachsthum und Gedeihen fleußt,
Trinken nicht nur Eichenwipfel,
Und der knospenvolle Strauch;
Auch das niedrigste
Veilchen trinkt.
Also breiten Gnadenquellen
In der Fürstinn weites Reich
Sich von Ihres Sitzes Stufen
Durch der nächsten Diener Schaar
Bis zum fernesten
Pflüger aus.
Männern, die mit treuem Rathe
Für das allgemeine Wohl
Ihre Sorgen unterstützten;
[113]
Die nun Last der Jahre beugt,
Folget reicher Lohn
Bis ins Grab.
Männern, die mit kühnem Eisen
In das blutige Gewühl
Sich für Ihre Rechte stürzten;
Die nun Greisenalter drückt,
Folget reicher Lohn
Bis ins Grab.
Männer, die für Sie zu sterben
Wünschen, aber unerhört
Nur mit schweren Wunden kehren
Aus dem Sturme finstrer Schlacht,
Danken Ihrer Huld
Trost und Heil.
Gattinnen am frühen Steine
Der Geliebten thränenvoll,
Hilfelos, von Noth gequälet,
Eilen an der Fürstinn Herz,
Finden Lind'rung dort
Ihrer Noth.
[114]
Kinder, die noch unerzogen
Der Erzeuger Leichen sah'n,
Jedem Mangel hingeworfen,
Oefter auch des Lasters Raub,
Rettet und versorgt
Dieses Herz.
Denn voll zärtlichen Erbarmens
Ist das Herz Theresien's.
Lange schuf Allvater keines
Unter Menschenherzen so,
Wie von seiner Hand
Dieses kam.
Kaum erreicht der Fürstinn Erbstuhl
Laut gedrückter Menschlichkeit,
Fühlet Sie, gleich eignen Uebeln,
Eig'nem Leide, fremdes Leid;
Strecket Sie den Arm
Hilfreich aus.
Jedes fürstliche Vermögen,
Das Ihr von dem Himmel ward,
Glaubet Sie Sich nur gegeben,
[115]
Ihres Volkes Glück zu seyn,
Vielen Tausenden
Wohl zu thun.
Jeder Tag, mit Huld bezeichnet,
Wird ein unschätzbarer Ring,
An der langen goldnen Kette,
Die von Ihren Hallen auf
Bis an deinen Sitz,
Gottheit! reicht.
Sonne blicket niemal heller
Auf den Hain, auf Bach und Flur,
Als nach sanftem Frühlingsträufeln,
Wenn ihr stralend Angesicht
Jeder Tropfen ihr
Wieder gibt.
Niemal klären so die Freuden
Uns'rer Fürstinn Antlitz auf,
Als nach milden Herrscherthaten,
Wenn Ihr des Begnadeten
Mund und Angesicht
Trost verräth.
[116]
Soll sich mein Gesang verbreiten
In dem weiten Erbe Teut's,
Manche Stimme wird sich heben:
»Wahrheit ist, was Sined sang!
Kinder! ich erfuhr,
Was er sang.
Immer schwebt vor meinem Geiste
Jener Stunde Seligkeit,
Da ich in der Tochter Habsburg's
Menschenholden Augen stand,
Da ich gnadenvoll
Schied von Ihr.
Kein betrachtender Druide
Fühlt am stillen Hügel so,
Wenn er von der Sonne kehret,
Die nun mild in Westen schied.
Ewig bleibt in mir
Dieß Gefühl!
Kinder! dienet dieser Fürstinn!
Niemand dient Ihr unbelohnt;
Und die Dienste, die ihr leistet,
[117]
Sind das Maaß des Lohnes nicht.
Nein! des Lohnes Maaß
Ist Ihr Herz.«
Also tönen manche Stimmen
In dem weiten Erbe Teut's.
Bardenvolk! und sollten diese
Nicht auch deine Stimme seyn?
Liebt und lohnet Sie
Barden nicht?
O so lasset Ihren Namen,
Und die Wunder Ihrer Huld
Uns'rer Harfen Arbeit bleiben,
Bis im Felde keine Spur
Uns'rer Pfade mehr
Sichtbar ist.
Berg und Eb'ne soll sie nennen,
Und des Eichenhaines Grau'n,
Und die Donau sie verwälzen;
Und der Städte thürmend Haupt
Schau're jedesmal
Freudig auf.
[118]
Lehren wollen wir die Jugend
Jedes nachzeitwerthe Lied,
Das uns in den Weihestunden
Von Theresien gelang;
Durch der Jugend Mund
Leb' es fort!
Wenn im Mahle seiner Starken
Einst ein Menschenherrscher sitzt,
Und die Kraft des Hornes kreiset,
Und der Barde dann ersteht,
Und Theresien's
Preise singt;
Dann befeu're sich des Herrschers
Wange, dann erhebe sich
Seine Seele zu dem großen
Wunsche, wie Theresia,
Deutschland's ewiger
Ruhm zu seyn.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Denis, Michael. Gedichte. Gedichte. Theresia die Gütige. Theresia die Gütige. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-7E57-7