Gottfried August Bürger, Johann Heinrich Voß und Friedrich Leopold Stolberg
Priapische Oden

[1] [Gottfried August Bürger]
An die Feinde des Priaps

Es knallet alles was lebet,
Was in den Lüften schwebet,
Es knallt die ganze Welt;
Ein Mädchen von zwölf Jahren,
Mit zwanzig Stoppelhaaren,
Der Fuchsschwanz schon gefällt.
Was machen nicht für Mienen
Die Hasen und Kaninchen,
Was tut der Sperling nicht?
Der Hengst macht junge Füllen,
Der Boll hat seinen Willen,
Wenn ihn der Kitzel sticht.
Der Elefant von hinten
Weiß auch das Loch zu finden,
Der Kater braucht kein Licht;
Der Bär bohrt seine Frau
Mit Lust wohl in den Rauh,
Warum denn Menschen nicht?
Selbst Juno mußte lachen,
Als Jupiter wollt machen
Ihr einen dicken Bauch;
Doch läßt sie sich's gefallen
Und läßt sich tapfer knallen
Bei einem Rosenstrauch.
Diana, müd vom Jagen,
Läßt sich den Spieß behagen,
Sie steckt ihn selbst hinein.
Doch wer will ihr gefallen,
Der muß dabei vor allen
Recht wohl beschlagen sein.
Merkur, der Götterbote!
Ist auch von solchem Schrote,
Wenn er ausfliegen soll,
Besucht er jede Nymphe
Und gibt ihr wackre Trümpfe,
Spritzt ihr die Büchse voll.
Auch Cupido, der Kleine,
Greift Venus zwischen die Beine,
Sein Schwänzchen wird ihm hart;
Er spritzt den edlen Samen,
In aller Götter Namen,
Der Mutter in den Bart.
Vulkan, in seiner Kammer,
Mit seinem Schmiedehammer,
Muß auch mit an den Tanz;
Sein Schwanz, wenn er geschwollen,
[1]
Hält fünfundzwanzig Zollen,
O auserlesner Schwanz!
Charon, beim Überfahren,
Fuchst alles rauch von Haaren,
Schont auch die Votzen nicht;
Pluto fuchst Proserpinen,
Und Luchse fuchst Luchsinnen,
Warum denn Menschen nicht?
Ihr Nonnen und ihr Pfaffen!
Ihr sollt beisammen schlafen,
Laßt Messe Messe sein;
So oft die Glocken läuten,
So oft sollt ihr euch reiten,
Steckt ihn fein tief hinein.
Bemerket diese Worte,
Ihr Jungfern aller Orte,
Hört meine Lehren doch;
Verlaßt die samtnen Dinger
Und steckt statt eurem Finger
Den rechten Schwanz ins Loch.

[Johann Heinrich Voß]
An Priap

Leckt Votzen, Ihr neun Pindars-Luder,
Leckt mit Apoll, der schläfrig geigt;
Und dessen kleiner matter Bruder,
Nur durch das Fingern aufwärts steigt:
Priap! beseele meine Leier,
Und gönne ihr das rege Feuer,
Das sich durch deine Klöt ergeußt;
Und durch die aufgeschwollenen Röhren,
Um deine Wollust zu vermehren,
Dickschäumend in die Votze fleußt.
Kommt Hurenbuben, kommt zusammen,
Zeigt euren Mut und fuchst euch satt,
Ein Schauspiel setzt mich jetzt in Flammen,
Das nie der Himmel schöner hat:
Ich sehe Brüste, Zitzen strotzen,
Nebst tausend auserlesenen Votzen,
Von kaltem Bauer überschwemmt;
Ich sehe tausend Klöte glänzen,
Bei tausend auserlesenen Schwänzen,
In feiste Lenden eingestemmt.
O, reiz mich oft mit solchen Bildern,
Du meiner Sehnsucht Gegenstand;
Die Wollust ist nie genug zu schildern,
Die nur zu sehn mein Herz empfand.
Priap! Dir bau ich einen Tempel,
Und vögle andern zum Exempel
Zwölfmal, den Altar einzuweihn;
Statt Gold soll kalter Bauer glänzen,
Und Votzenhaar die Tür umkränzen,
Mein Schwanz soll Hoherpriester sein.
[2]
Hirsch, Adler, Wolf und Walfisch lehren,
Wie man beständig vögeln soll;
Der Sperling ist nie genug zu ehren,
Denn der ist immer samenvoll.
Kurz, alles muß gevögelt werden,
Die Votz enthält, was man auf Erden
Erhabenes nur denken kann;
Sie zeigt sich, – tausend Schwänze starren,
Der Weise vögelt mit dem Narren,
Der Bürger mit dem Edelmann.
Sind meine Klöt nur voll von Feuer,
Und macht mein Schwanz sein Meisterstück,
Dann bin ich reich bei einem Dreier,
Und scheiße fast auf alles Glück.
Zufrieden und entfernt vom Neide,
Seh ich in meinem schlechten Kleide
Die Pracht der großen Herren an,
Weil der, der auf dem Throne sitzet,
Wenn er den Samen von sich sprützet,
Nicht mehr als ich, empfinden kann.
Seht auf Athens erhab'nen Plätzen,
Melkt sich ein Schwanz der Zyniker;
Die Menge sieht ihn mit Ergötzen
Und steht mit Ehrfurcht um ihn her.
Es läßt sich Sturm und Donner hören,
Doch nichts kann unsern Weisen stören,
Obgleich der Himmel kracht und blitzt;
Er fähret fort mit langen Zügen,
Bis daß er taumelnd für Vergnügen,
Den edlen Samen von sich sprützt.

[Friedrich Leopold Stolberg]
Wahl meiner künftigen Gattin und ihrer Eigenschaften

Vivat, wer ohn' allen Eckel,

Auch den ärgsten Gassen-Reckel,

Frisch durch Läuse, Schorf und Dreck

Fuchst ins Teufels Namen weg.

Nicht weiß wie Milch und Blut, gepudert und frisiert,
Und mit dem reichsten Schmuck von Frankreich ausgeziert,
Nein, ruprigt, ledergelb und schmierig wie ein Schwein,
Soll die, die ich mir einst zur Gattin wähle, sein.
Mich reizt kein braunes Haar, in Locken sanft gewunden,
Worin sich mancher schon im Netz verstrickt, gefunden,
Nein, sträubig und mit Schorf, mit Läusen wohl geziert,
Und blutrot sei ihr Haar, mit gelben Talg geschmiert.
Nicht schalkhaft lächelnde, nicht große blaue Augen,
Gemacht der Liebe Geist aus ihnen einzusaugen,
Nein, eitern müssen sie, wie Drachenaugen glühn,
Und hoch am Tränenquell ein gelber Pettig blühn.
Nicht griechisch, nicht antik, von Phideas gerissen
Nein, stumpf und unpoliert, schon faulend und beschissen,
[3]
Soll ihre Nase sein, mit Finnen übersäet,
Und stinkend wie die Pest in einem Lazarett.
Ein langes Ohr, aus dem ein Strom von Unrat fließt,
Und wie aus dem Vesuv die Lava sich ergießt,
Ein leckeres Gemisch von Pettig, Blut und Salz,
Mit Schweiß und Grind vermischt und gelbem Ohrenschmalz.
Ein schiefes Maul, verbaut mit platten Lippen,
An dessen Eingang her, zwei Reihen großer Klippen
Zwei Hauer, sowie dort des Herkul's Säulen stehn,
Und da den Höllenpfuhl, hochprangend übersehn.
Es krön' ein Hasenschart den Quell von faulen Düften,
Die alles um sich her verheeren und vergiften,
Der ohne Unterlaß in zähen Geifer schwimmt,
Und durch den stets ein Rotz ins Maul den Eingang nimmt.
Es gleiche jeder Zahn verbrannten Palisaden,
Und sei ein Aufenthalt der Würmer und der Maden,
Ganz hohl und kohlenschwarz in Scharbock eingehüllt,
Und mit verfaultem Fleisch und Läusen angefüllt.
Ein Hals, geschickt um die Anatomie zu lehren,
Ein Kopf und eine Brust, die doch in allen Ehren,
Den zweien Zitzen gleicht, und schrumpfig hangend platt,
An dieser sitzt der Krebs, wenn die den Fistel hat.
Ein schlaffer Bauch gehängt auf zweien spitzen Hüften,
Filzläuse weiden hier in unzählbaren Triften,
Ihr Puckel gleiche dem, von einem Elefant,
Auf welchem Rad und Pfahl, und Galgen eingebrannt.
Der Sitz des Schreckens sei die ungeheure Votze,
Zerschrumpft und ohne Haar, verklebt mit grünem Rotze,
An der seit Jahren schon manch kalter Bauer hängt,
Mit Tripper, weißem Fluß und Schanker untermengt.
Stets muß ein dicker Schleim aus dieser Quelle träufen,
Und sich zu Händen hoch an ihre Öffnung häufen,
Bis an den Lenden sich der Strom hinübergießt,
Und halb mit trägern Lauf ins Arschloch überfließt.
Zwei eingebogne Knie mit krummen Säbelbeinen,
Die wie ein römisch X sich zu durchkreuzen scheinen,
Und weil das Ende sich zum Anfang reimen muß,
Den Knochenfraß am Bein, und den Verschwind am Fuß.
So soll die Gattin sein, die ich mir einst erwähle,
Bös, eigensinnig, falsch, von teuflerischer Seele,
Dumm muß sie wie ein Rind, doch voller Tücke sein.
Zerlumpt und bettelarm, doch stets voll Branntewein.
Und soll sie vollends gar mein ganzes Herz besiegen,
Muß sie die Schwerenot des Tages zehnmal kriegen,
Mit jedem Hurenwirt und jedem Tambur gehn,
Und immer oben an, auf ihrer Liste stehn.
Werd ich dies Urbild einst, auf dieser Runde finden,
Dann werd ich und nicht eher, auf ewig mich verbinden,
Alsdann darf ich mich nicht, noch fürs Betrügen scheun,
Und werde glücklicher als tausend Männer sein.
[4]
Sie träumten Engel sich, und fanden doch mit Schrecken,
Wie unter Engel sich auch Teufel oft verstecken,
Ganz anders wird es mir mit dieser Gattin gehn,
Ich träumte Teufel mir, und werde Engel sehn.
[5]

Notes
Erstdruck: Anonym [o.O.] 1800. Vorlage ist unpaginiert. Die Sammlung vereint Oden von Gottfried August Bürger, Johann Heinrich Voß und Friedrich Leopold Stolberg.
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TextGrid Repository (2012). Bürger, Gottfried August. Priapische Oden. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-47A4-A