Die Schlacht bey Sempach

Von Halb Suter. Tschudi. I. 529. Die ältern Kriegs-und Schlachtlieder der Deutschen fordern eine eigne Sammlung; aus Tschudi eilf, bey Diebold Schilling fünf, die Seeschlacht der Vitalienbrüder aus Canzler, die Schlacht bey Ingolstadt aus Schärtlin, am Kremmerdamm aus Buchholz, der Nürnberger Krieg aus Canzler, die Grumbacher Fehde, der Wirtemberger Krieg u.a.m. haben sich bey uns angehäuft, wir konnten nur die Ausgezeichneten aufnehmen, ungerichtet keins unbedeutend.


Die Biene kam geflogen, macht in der Lind ihr Nest,
Es redet der gemeine Mann, das deutet fremde Gäst.
Da sah man wie die Veste bey Willisow hell brennt,
Den Herzog mit dem Heere ein jeder daran kennt.
Sie redeten zusammen in ihrem Uebermuth,
Die Schweizer wollen wir tödten, das jung und alte Blut.
Sie zogen her mit Schalle von Sursee aus der Stadt,
Sie fangen an zu ziehen mit ihrem köstlichen Waat:
»Ihr niederländisch Herren, ihr zieht ins Oberland,
Werdet ihr euch da ernähren, es ist euch unbekannt.
Ihr solltet euch nach Beichte vorher noch umme sehen,
Im Oberländchem Streite möcht euch wohl Weh geschehen.«
»Wo sizt denn nur der Pfaffe dem einer da beichten muß?«
»Zu Schweiz ist er im Felde, er giebt einem schwere Buß,
Er wird gar schwere Hand auf eure Köpfe legen,
Mit Helleparten giebt er euch den besten Segen.«
[338] An einem Montag frühe, als man die Mädchen sahe,
Jezt sicheln in dem Thau, sie waren Sempach nahe.
Die Herren von Luzerne, sich streckten festiglich,
An Mannheit gar ein Kerne, sah keiner hinter sich.
Ein Herr von Hasenburg zum Herzog also sprach:
»Das Völklein ich beschaut, sie sind gar unverzagt.«
Da redet Ochsenstein: O Hasenburg, o Hasenherz!
Der Hasenburg der sagt: Wir wollen sehn den Scherz.
Sie banden auf die Helme und thäten sie vorher tragen,
Von Schuchen hieben die Schnäbel, man füllt damit 'nen Wagen.
Zusammen sie dann sprachen: »Das Völkchen ist zu klein,
Wenn wir die Bauern schlagen, das Lob wird klein nur seyn.«
Die biedern Eidgenossen Gott riefen im Himmel laut,
Ein Regenbogen gar helle vom hohen Himmel schaut.
Und Herz und Sinn ist wachsen von hoher Manneskraft,
Daß sie sich tapfer kehrten jezt gegen die Ritterschaft.
Der Löw fing an zu brüllen, zu schmücken seinen Wadel,
Sie fingen an zu schießen die Herren da von Adel.
Sie griffen mit langen Spießen, der Schimpf war gar nicht süß,
Der Aeste von hohen Bäumen fielen vor ihre Füß.
Des Adels Heer war fest, ihr Ordnung dick verhagt,
Das verdroß die frommen Gäste, ein Winkelried da sagt:
»He werd ihr gniessen lon,
Min fromme Kind und Frauen, so will ich ein Frevel beston,
[339] Trüen lieben Eidgenossen, min Leben verlur ich mit,
Sie hand ihr Ordnung gstossen, wir mögens zu brechen nit;
He, ich will ein Inbruch han,
Des wellend ihr min Gschlecht in ewig geniessen lan.«
Hiemit so thut er fassen, ein Arm voll Spieß behend,
Den Seinen macht er ein Gassen, sein Leben hat ein End.
Er brach des Löwen Muth mit seinem theuren Blut,
Sein mannlich tapfer Sterben war den vier Waldstädten gut.
Sie brachen ein so schnelle des Adels Ordnung bald,
Mit Hauen und mit Stechen: Gott seiner Seelen walt.
Der Löw fing an zu mauen, zu treten hinter sich,
Der Stier starzt seine Brauen und gab ihm noch ein Stich.
Da ließ er ihm das Panner, da ließ er ihm die Weid,
Zu Königsfeld im Kloster viel liegen begraben mit Leide.
Der Herzog Lüpolt wollte es gar fürstlich wagen,
Da er an die Bauern kam, sie haben ihn todt geschlagen.
Die Kuh die sprach zum Stiere: Ach sollt ich dir nicht klagen,
Mich wollt auf deinem Refiere ein Herr gemolken haben,
Da hab ich ihm den Kübel so eben umgeschlagen,
Ich gab ihm eins zum Ohre, daß ihr ihn müßt begraben.
Ein Herre war entronnen, der war ein Herr von Ehren,
Er kam zu böser Stund bey Sempach zu dem See,
Er klopft mit seinem Knecht da an bey Hans von Rot:
»Nun thus durch Gott und Geld, führ uns aus aller Noth.«
[340] Fast gern, sprach Hans von Rot, des Lohnes war er froh,
Den er verdienen sollt, fährt übern See also.
Er rudert stark und schnelle, da er gen Notwyl war,
Da winkt der Herr dem Knechte, er sollt ihn erstechen gar.
Das wollt der Knecht vollbringen, am Schiffmann in der That,
Hans Rot sieht's in dem Schatten, das Schifflein er umtrat.
Sie wollten sich noch halten, er warf sie in den See:
»Nun trinket liebe Herren, ihr erstecht kein Schiffmann mehr.
He, zween Fisch ich heute im See gefangen habe,
Ich bitt nur um die Schuppen, das Fleisch ist schlechte Gabe.«
Es kam ein Bote endlich nach Oesterreich gesandt:
»Ach edle Frau von Oesterreich, min Herr liegt auf dem Land,
Ach edle Frau er lieget vor Sempach blutig roth!«
»Ach reicher Christ vom Himmel, was hör ich große Noth.«
Halb Suter unvergessen, also ist er genannt,
Z'Lucern ist er gesessen, also sehr wohl bekannt;
Er war ein fröhlich Mann, das Lied hat er gedichtet,
Als ab der Schlacht er kam, wo Gott der Herr gerichtet.
[341]

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TextGrid Repository (2011). Arnim, Ludwig Achim von. Gedichte. Des Knaben Wunderhorn. Band 1. Die Schlacht bey Sempach. Die Schlacht bey Sempach. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-0CB7-9