Die Judentochter

Mündlich.


Es war eine schöne Jüdin,
Ein wunderschönes Weib,
Sie hatt' ein schöne Tochter,
Ihr Haar war schön geflochten,
Zum Tanz war sie bereit.
»Ach, liebste, liebste Mutter!
Was thut mir mein Herz so weh!
Ach, laßt mich eine Weile
Spazieren auf grüner Heide,
Bis daß mir's besser wird.«
Die Mutter wandt den Rücken,
Die Tochter sprang in die Gaß,
Wo alle Schreiber saßen:
»Ach liebster, liebster Schreiber!
Was thut mir mein Herz so weh.«
»Wenn du dich lässest taufen,
Luisa sollst du heissen,
Mein Weibchen sollst du seyn.«
»Eh ich mich lasse taufen,
Lieber will ich mich versaufen
Ins tiefe, tiefe Meer.
Gut Nacht, mein Vater und Mutter,
Wie auch mein stolzer Bruder,
Ihr seht mich nimmermehr!
Die Sonne ist untergegangen
Im tiefen, tiefen Meer.«
[237]

License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2011). Arnim, Ludwig Achim von. Die Judentochter. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-0A7A-5