Doktor Faust

Fliegendes Blat aus Cöln.


Hört ihr Christen mit Verlangen,
Nun was Neues ohne Graus,
Wie die eitle Welt thut prangen,
Mit Johann dem Doktor Faust,
Von Anhalt war er geboren,
Er studirt mit allem Fleiß,
In der Hoffarth auferzogen,
Richtet sich nach aller Weiß.
Vierzig tausend Geister,
Thut er sich citiren,
Mit Gewalt aus der Höllen.
Unter diesen war nicht einer,
Der ihm könnt recht tauglich seyn,
Als der Mephistophiles geschwind,
Wie der Wind,
Gab er seinen Willen drein.
Geld viel tausend muß er schaffen,
Viel Pasteten und Confekt,
Gold und Silber was er wollt,
Und zu Straßburg schoß er dann,
Sehr vortreflich nach der Scheiben,
[202]
Daß er haben konnt sein Freud,
Er thät nach dem Teufel schieben,
Daß er vielmal laut aufschreit.
Wann er auf der Post thät reiten,
Hat er Geister recht geschoren,
Hinten, vorn, auf beiden Seiten,
Den Weg zu pflastern auserkohren;
Kegelschieben auf der Donau,
War zu Regensburg sein Freud,
Fische fangen nach Verlangen,
Ware sein Ergötzlichkeit.
Wie er auf den heiligen Karfreitag
Zu Jerusalem kam auf die Straß,
Wo Christus an dem Kreuzesstamm
Hänget ohne Unterlaß,
Dieses zeigt ihm an der Geist,
Daß er wär für uns gestorben,
Und das Heil uns hat erworben,
Und man ihm kein Dank erweißt.
Mephistophles geschwind, wie der Wind,
Mußte gleich so eilend fort,
Und ihm bringen drey Ehle Leinwand,
Von einem gewissen Ort.
Kaum da solches ausgeredt,
Waren sie schon wirklich da,
Welche so eilends brachte
Der geschwinde Mephistophila.
Die große Stadt Portugall,
Gleich soll abgemahlet sein;
Dieses geschahe auch geschwind,
Wie der Wind:
Dann er mahlt überall,
So gleichförmig,
[203]
Wie die schönste Stadt Portugall.
»Hör du sollst mir jetzt abmahlen,
Christus an dem heiligen Kreuz,
Was an ihm nur ist zu mahlen,
Darf nicht fehlen, ich sag es frei,
Daß du nicht fehlst an dem Titul,
Und dem heiligen Namen sein.«
Diesen konnt er nicht abmahlen,
Darum bitt er Faustum
Ganz inständig: »Schlag mir ab
Nicht mein Bitt, ich will dir wiederum
Geben dein zuvor gegebene Handschrift.
Dann ist es mir unmöglich,
Daß ich schreib: Herr Jesu Christ.«
Der Teufel fing an zu fragen:
»Herr, was gibst du für einen Lohn?
Häts das lieber bleiben lassen,
Bey Gott findst du kein Pardon.«
Doktor Faust thu dich bekehren,
Weil du Zeit hast noch ein Stund,
Gott will dir ja jetzt mittheilen
Die ewge wahre Huld,
Doktor Faust thu dich bekehren,
Halt du nur ja dieses aus.
»Nach Gott thu ich nichts fragen,
Und nach seinem himmlischen Haus!«
In derselben Viertelstunde
Kam ein Engel von Gott gesandt,
Der thät so fröhlich singen,
Mit einem englischen Lobgesang.
So lang der Engel da gewesen,
Wollt sich bekehren der Doktor Faust.
Er thäte sich alsbald umkehren,
[204]
Sehet an den Höllen Grauß;
Der Teufel hatte ihn verblendet,
Mahlt ihm ab ein Venus-Bild,
Die bösen Geister verschwunden,
Und führten ihn mit in die Höll.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2011). Arnim, Ludwig Achim von. Gedichte. Des Knaben Wunderhorn. Band 1. Doktor Faust. Doktor Faust. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-0A21-B