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[7r]

Unterstützungs-Gesuch des Dr
Müller
zu einer weitern Aus-
bildung

Am 14ten August 1821. hatte ich
die Ehre, (Ew.)Euer Excellenz ein Gesuch des
Studiosus (med.)medicinae Müller, aus Coblenz, vorzulegen, und um eine beson-
dre Unterstützung für ihn zu
Fortsetzung seiner Studien in
Berlin zu bitten.

Nachdem Hochdero Entscheidung
vom 3ten (Sept.)September (ejusd.)ejusdem demselben kei-
ne völlig beruhigende Aussicht er-
öffnen konnte, so hat er seine
Studien hier fortsetzen müssen,
und ich habe ihm aus den hiesigen
Fonds, so weit es immer möglich
war, zu helfen gesucht.

Dieser junge Mann hat den
Erwartungen, welche ich in meinem
Bericht vom 14ten August 1821.
von ihm erregte, bis jetzt vollkommen

[7v]

gerechtfertigt. Er hat bey der ersten
Preis-Vertheilung durch seine Ab-
handlung de respiratione foetus den
Sieg davon getragen, und durch
seine Promotions-Dissertation,
welche ich (Ew.)Euer Excellenz am 28ten
(Decemb.)December (p.)prioris [anni] vorzulegen
die Ehre
hatte, sich als einen vorzüglichen,
denkenden Kopf, und dabey eine
Masse von Kenntnißen gezeigt,
welche nicht gewöhnlich ist.

Die Aufmunterung, welche
der p. Müller in (Ew)Euer Excellenz
Bewilligungen zu seinem Besten
gefunden, hat demselben den
Muth gegeben, in der Original-
Anlage, welche von einem Ab-
druck seiner gekrönten Preis-
schrift
begleitet ist, die Bitte
auszusprechen, daß ihm von
Staats-wegen eine Unterstüt-
zung gereicht werden möchte,
[8r]um seine wissenschaftliche Bildung
durch einen Aufenthalt in Paris
und nachher in Berlin weiter
zu verfolgen.

Die desfallsige Vorstellung, de-
ren ganzer Inhalt (Ew:)Euer Excellenz Kennt-
nißnahme gewiß nicht unwürdig
ist, beweißt, daß dieser junge
Mann über seinen künftigen
Lebens-Plan reiflich gedacht hat,
und daß er für die ausgezeichnet-
ste wissenschaftliche Entwicklung
vorbereitet ist. Hier ist kein ju-
gendlicher Einfall, keine vorüber-
gehende Liebhaberey, keine Sucht
nach den Freuden der Großen
Welt, sondern ein tiefes, inneres
Bedürfniß nach der möglichsten
Ausbildung in den Studien
der Medicin und der Natur-
wissenschaften
. Mit diesem
darf ich zugleich die vollkommenste
[8v]Reinheit der Sitten, die ent-
schiedenste Staats-Gemäßheit der
Gesinnungen, und den, immer
seltner werdenden, candor
animi
rühmen, welcher Jeden
der diesen jungen Mann näher
kennen lernt, für ihn einneh-
men muß, und es wird mir
wirklich nicht leicht, meine Facon
in den Schranken der Geschäfts-
Behandlung zu halten. Der Dr.
Müller
ist der ausgezeichnetsten
Theilnahme und Beförderung der Regierung
würdig, und
ich glaube; nicht zu kühn zu
seyn; wenn ich (Ew.)Euer Excellenz
bitte, im Falle die Fonds von
Hochdero Ministerium für sei-
ne Unterstützung nichts thun
könnten, bey des Königs (Majest.)Majestät
auf eine ausserordentliche
Bewilligung für denselben
[9r]anzutragen. Hiezu dürfte sich,
ausser der persönlichen Würdig-
keit des jungen Mannes,
ein höheres politisches Motiv in
dem Umstande finden, daß er
ein Kind der Stadt Coblenz
ist, deren Stimmung für den
Staat gewiß nicht geringe Wich-
tigkeit hat, und die gerade
durch solche Mittel am sichersten
gewonnen wird. Kein Ort
in diesen Provinzen ist so
stolz auf die, aus ihm hervor-
gehenden, Talente, und Alles,
was für sie von Oben herab
geschieht, erweitert das Reich
Sr Majestät des Königs über
die Herzen Allerhöchst Ihrer
neuen Unterthanen. Eine
zweijährige Unterstüzung
von 500. (r.)Reichsthaler jedes Jahr, würde
[9v]hinreichen, um diesen jungen Mann
in den Stand zu setzen, seine
Bildungs-Zwecke zu verfolgen,
und derselbe liebt seinen König
und sein Vaterland so sehr,
daß er sich jeder Bedingung
unterziehen will, welche Hoch-
dieselben mit seiner Unterstüt-
zung zu verbinden, sich veran-
laßt finden könnten. In der
That, meine Menschen-Kenntniß
und meine Hoffnungen müßten
mich gleich sehr betrügen, wenn
aus diesem Jüngling nicht ei-
ner der bedeutendsten Ge-
lehrten seiner Zeit hervorgehen
sollte.

Der (König.)Königliche außerordentliche Re-
gierungs-Bevollmächtigte.
Rehfues
Sr Excellenz
dem (König.)Königlichen Wirklichen Geheimen Staats-
u. Minister der (Geist.)Geistlichen Unterrichts-
u. Medicinal-Angelegenheiten
Herrn Freiherrn v. Altenstein
in
Berlin
CC-BY-NC-SA-4.0

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TextGrid Repository (2022). Goethes Farbenlehre in Berlin. Repositorium. 20. Februar 1823. Rehfues an Altenstein (Ausfertigung). Z_1823-02-20_k.xml. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000F-412F-4