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[207]

Endlich ist mir gegönnt, aus dem Strudel, in den ich mich bei meiner Rückkunft hier hinabgerissen sah, wieder aufzutauchen, und Ihnen, Verehrtester, meinen Dank für die unendliche Güte zu sagen, mit der Sie die liebsten meiner Wünsche aufgenommen und befördert haben. Nicht minder als ich sind meine lieben Reisegefährten mit dem Erfolge unseres Unternehmens zufrieden, und voll freudigen Dankes bei der Erinnerung an Ihre liebreiche Aufnahme.

[...] [208] [...]

In Bezug auf meine Rücksprache mit Herrn von Altenstein schreibe ich soeben an Herrn Hofrath Meyer, um ihn zu bitten, seine mir mündlich mitgetheilte Neigung, uns hier zu besuchen, ja recht bald in Ausführung zu bringen. Wie nützlich und erfreulich uns sein Blick und sein Rath in unseren Unternehmungen, die Kunst betreffend, sein wird, ermessen Sie selbst am Besten, und da gerade jetzt ein sehr wichtiger Moment für diese Dinge eintritt, so könnte nichts glücklicher sein, als ihn baldigst hier zu sehen. Seine Neigung und die günstige Witterung werden, wenn Sie vollends ein Wort für unseren Wunsch gegen ihn äußern wollen, ihn hoffentlich schnell dafür bestimmen. Lassen Sie es sich gütigst angelegen ein, dazu mitzuwirken!

Da ich gestern zu Schinkel ging, um ihm mitzutheilen, was Sie in Ihren lieben Zeilen vom 3. d. M. über sein gesprengtes Grab schreiben, und zu fragen, was ich Ihnen über seine Bearbeitung der oben erwähnten zweiten Aufgabe melden soll, fand ich ihn nicht zu Hause, erhielt aber heute, auf schriftliche Anfrage, die beiliegende Antwort, [...].

[...] [209] [...]

Raabe's Aldobrandini'sche Hochzeit läßt vermuthen, daß die neueren Reinigungen dem Gemälde wesentlichen Schaden gethan haben; denn auf Raabe's Rechnung dürfte man doch kaum die fatale verworrene Andeutung der Falten, die unentschiedene Schattirung etc. setzen, die man darin bemerkt. Auch die Farben scheinen eher verloren als gewonnen zu haben. Man müßte auf böse Retouchen schließen; doch sieht man auch aus den Bildchen nach Pietro di Cortona, die zum Theil sehr erfreulich sind, daß Raabe in einfacher Auffassung von Licht und Schatten, daher auch im Faltenwesen, keine Schule hat, und an manchen Schwachheiten dieser Copien Schuld sein möchte. Die Sachen werden zur Kunstausstellung kommen.

Ueber das entoptische Heft theile ich meine Bemerkungen nächstens mit; der Abschnitt XIV (p. 137 seq.) enthält das größte Geheimnis. Nun ist es freilich Zeit, die Sache in's Ganze zu überarbeiten, und die einzelnen Teile der Lehre in sich so zu ründen, daß sie in ihrem einfachen Grunde fest zusammenschließen. Ich erinnere mich, daß vor zehn Jahren, als Ihre Farbenlehre erschien, ich unwillkürlich äußerte, es würden zehn Jahre vergehen, ehe sie anerkannt würde; dieser Termin ist gekommen, und ich werde an meinem Teil eilen, zum Abschluß zu kommen. [...]

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TextGrid Repository (2022). Goethes Farbenlehre in Berlin. Repositorium. 13. u. 16. September 1820. C. L. F. Schultz an Goethe. Z_1820-09-16_k.xml. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000F-5077-1