Totentanz 1916

So sterben wir, so sterben wir,
Wir sterben alle Tage,
Weil es so gemütlich sich sterben läßt.
Morgens noch in Schlaf und Traum
Mittags schon dahin.
Abends schon zu unterst im Grabe drin.
Die Schlacht ist unser Freudenhaus.
Von Blut ist unsere Sonne.
Tod ist unser Zeichen und Losungswort.
Kind und Weib verlassen wir –
Was gehen sie uns an?
Wenn man sich auf uns nur
Verlassen kann.
So morden wir, so morden wir.
Wir morden alle Tage
Unsre Kameraden im Totentanz.
Bruder reck dich auf vor mir,
Bruder, deine Brust!
Bruder, der du fallen und sterben mußt.
Wir murren nicht, wir knurren nicht.
Wir schweigen alle Tage,
Bis sich vom Gelenke das Hüftbein dreht.
Hart ist unsere Lagerstatt
Trocken unser Brot.
Blutig und besudelt der liebe Gott.

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Notes
Erstdruck in: Der Revoluzzer (Zürich), 2. Jg., Nr. 1, Januar 1916.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Ball, Hugo. Totentanz 1916. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-AA5A-B