[177] [227]Tiberius Nero Cäsar.

35. Gegen Ehefrauen, die einen unkeuschen Lebenswandel führten und gegen die kein öffentlicher Ankläger auftrat, verordnete er, daß die Verwandten durch einen Familienrat nach der Sitte der alten republikanischen Zeit einschreiten sollten. Einen römischen Ritter, der seiner Frau bei der Verheiratung den Schwur geleistet hatte, daß er sie nie verstoßen werde, sprach er von seinem Eide los, damit er die Frau, die er im Ehebruch mit seinem Schwiegersohn betroffen, verstoßen könnte. Ausschweifende Frauen von Rang waren, um den gesetzlichen Strafen zu entgehen, darauf [227] verfallen, sich als Lustdirnen bei der Behörde zu melden und dadurch allen Rechten und aller Würde des Frauenranges zu entsagen; und alle jungen Hauptwüstlinge des Senatoren- und Ritterstandes pflegten sich freiwillig der Schande einer entehrenden Verurteilung zu unterwerfen, um nicht durch den Senatsbeschluß gehindert zu werden, als Schauspieler und Fechter öffentlich aufzutreten. Allein jene sowohl als diese bestrafte Tiberius mit Landesverweisung, damit solche List keinem mehr zugute käme. Einem Senator nahm er die Senatorenwürde, als er erfuhr, derselbe sei kurz vor dem ersten Juli auf seinen Landsitz gegangen, um nach diesem Tage um desto geringeren Preis seine Stadtwohnung zu mieten. Einen Quästor setzte er ab, weil er seine Frau, die er am Tage der Verlosung der Provinzen geheiratet, am Tage nach derselben wieder verstoßen hatte.

[228] [231]40. Nachdem er Kampanien durchreist, in Capua das Kapitol, zu Nola den Tempel des Augustus eingeweiht, was er als Vorwand seiner Reise gebraucht hatte, begab er sich nach der Insel Capri, welche ihm vor allem deshalb gefiel, weil sie nur mit einem einzigen, obendrein sehr schmalen, Landungsplatze versehen und sonst ringsum von steilabfallenden himmelhohen Felswänden und tiefem Meere umgeben war. Sehr bald jedoch ging er, da die Volksstimme anhaltend nach ihm verlangte, wegen des Unglücks bei Fidenä, wo über zwanzigtausend Menschen bei einem Fechterschauspiel durch den Einsturz des Theaters umgekommen waren, wieder auf das Festland zurück und gewährte allen, die sich ihm nahten, um so lieber freien Zutritt, als er bei seiner Abreise von der Stadt ausdrücklich verboten hatte, ihn anzugehen, und auch auf der ganzen Reise niemand vor sich gelassen hatte.

[231] [234]45. Wie gewohnt er war, auch Frauen, und zwar von edler Familie, frech zu mißbrauchen, bewies am klarsten das Endschicksal einer gewissen Mallonia, die ihm zugeführt worden war und sich schlechterdings geweigert hatte, sich seinen unnatürlichen Lüsten zu bequemen. Er gab sie den öffentlichen Anklägern preis und ließ selbst vor Gericht nicht ab, sie zu fragen: »ob sie sich jetzt anders besonnen habe?« bis sie aus dem Gerichte fort nach Hause stürzte und sich dort den Dolch ins Herz stieß, nachdem sie zuvor ihm, »dem alten stinkenden Bocke«, mit lauter Stimme seine unnatürlichen Lüste vorgeworfen hatte. Daher wurden bei den nächsten Theatervorstellungen in einem atellanischen Nachspiele die Worte: »Der alte Bock beleckt den Ziegen die Natur« als Anspielung auf ihn mit allgemeinem Beifall aufgenommen und verbreitet.

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TextGrid Repository (2012). Suetonius Tranquillus, Gaius. Biographien. Die zwölf Caesaren. Tiberius Nero Cäsar. Tiberius Nero Cäsar. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-3995-7