An den Fürsten von Metternich

Zum 23. November 1827


Laß ein heitres Licht den Geist umschweben,
Anmut schmückend Dir zur Seite gehn;
Zarte Sitte in dem neuen Leben
[515]
Frohe Stunden durch die Tage weben;
Blühend soll Dein Glück im Glanze stehn.
Aus der Ruhe gehen starke Werke,
Aus dem Glück die volle Kraft hervor.
Es bedarf die Zeit der sichern Stärke,
Daß ergriffen es die Welt bemerke,
Wie ein neuer Schwung sie hebt empor.
Wie der Sinn um jedes Neue schwirre
In der müß'gen Rede eitlen Lust;
Nichtig bleibt der Geist in dem Gewirre,
Hundertfältig geht er in die Irre;
Innrer Friede macht erst fest die Brust.
Dem Insektenschwarm zum Angebinde
Lassen wir den kleinen Geisterstreit.
Schlangen aber bilden ein Gewinde
Giftig um die Welt, daß sie erblinde,
All durchschlingend diese kranke Zeit.
Die Zerstörung droht aus finstern Grüften,
Nach dem Raube blickt sie gierig aus.
Blitze zucken flammend aus den Lüften,
Donnernd bebt die Erd' in Felsenklüften,
Und es schwankt das stille Friedenshaus.
Neugefügt von ewigem Gesteine
Sei also der feste Staatengrund.
Auf dem Gott geschlossenem Vereine
Ruht die große Friedensburg und keine
Höllenmacht erschüttert diesen Bund.
Wo nicht Gott die Mauern schirmend baute,
Dient das Haus dem Zeitenwind als Spreu.
Wenn die Welt dem Lügner wieder traute,
Rückwärts nach dem alten Babel schaute;
Kommt Ein Hauch und wendet alles neu.
In dem Denken, Meinen, Wollen, Streiten
Ist des Unheils Quelle das Zuviel.
Dieses muß die feste Hand bestreiten,
Daß nicht alle Kräfte überschreiten;
Nur der große Blick trifft ganz das Ziel.
Meister an dem Steuer in der Wendung
Faßtest Du sogleich den Augenblick.
[516]
In dem Wechsel liegt der Kunst Vollendung,
Auf dem Punkt beruht das Ziel der Sendung;
Schnell kehrt solch ein Wendepunkt zurück.
Also durch die labyrinth'schen Gänge
Dienst Du sorgend dem gesalbten Haupt,
Den als Vater ehrt die treue Menge;
Gott verließ ihn nie in dem Gedränge,
Und Europa hat an ihn geglaubt.
Was das ew'ge Licht und Recht begründet,
Ordnet klar entfaltend der Verstand;
Bleibt die Macht der Kraft dann fest verbündet,
Wird dem Geist auch wissend Heil verkündet,
Gibt den vollen Segen Gottes Hand.
Mög' Er ferner Dir die Palme reichen
Goldnen Friedens in dem Lorbeerhain;
Die Erwählte Dir den Kranz darreichen,
Heil und Segen in des Kaisers Reichen
Und das Glück der Welt auch Deines sein.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Schlegel, Friedrich. Gedichte. Nachträge aus dem Nachlass. An den Fürsten von Metternich. An den Fürsten von Metternich. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-D894-9