Der Zürnende

Wenn leiser Reiz den jungen Mut erregt,
Entspringt so freudig nichts aus innerm Born,
Von allem, was der Mensch in sich bewegt,
Als deine schöne Flamme, heil'ger Zorn!
Dich hab' ich in des Herzens Herz gehegt.
Die höchsten Rosen blüh'n an scharfem Dorn;
Wer glaubt, er müss' am ersten Schmerz verbluten,
Ist nie gestorben in der Freude Fluten.
Es drängt der Mut Gefühl oft an Gefühl,
Die innre Liebe stockt im Übermaß;
Der Himmel scheint dir schwer, der Äther schwül.
Wenn endlich dann entbrannt der Mut genas,
So haucht die Welt dir wieder grün und kühl,
Du regst dich leicht im neuen Ebenmaß,
Wie sich nach rotem Blitz und schwarzem Regen
Die bunten Erdenwesen frisch bewegen.
In Lieb' und Zorn blüht alles Lebens Kraft.
Drum trenne frevelnd nie den hohen Bund,
Der ewig neu die Welt verjüngend schafft,
Und macht des Menschen heilig Wesen kund.
Wer neu dem süßen Tode sich entrafft,
Dem sprüht die Flamme leicht vom sel'gen Mund,
Und leicht kann Schönheit, schnell verletzt, entbrennen;
Denn nie wird gute Lieb' ein Ziel erkennen.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Schlegel, Friedrich. Gedichte. Stimmen der Liebe. Bekenntnisse. Der Zürnende. Der Zürnende. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-D7CC-8