[213] An den Tod

Grausam bist du, o Tod!
Jene,
Die unwillig stöhnen
Unter des Daseins öder Bleilast,
Oder, gehetztem Wilde gleich,
Umgetrieben werden von Noth und Drangsal:
Jene gehst du vorüber,
Tückisch ihnen entschlüpfend,
Wenn sie heran dich zwingen wollen –
Und ferne bleibst du
Jahrelangen Qualen des Siechbetts.
Aber Jene, so kräftig dem Glück gebieten
In des Lebens Vollgenuß,
Oder wie selige Kinder
An den bunten Bildern der Welt sich ergötzen:
Unerbittlichen Hippenschwungs nieder mähst du sie –
Und mit ihnen
Muthiges Wollen,
Begonnene Thaten und Werke,
Lieblichen Frohsinn,
Goldene Träume.
[214]
Und so auch,
Verschonst du,
Die da athmen Andern zur Qual.
Gedeihen lässest du
Schnödeste Selbstsucht,
Die schwachen Mitgeschöpfen
Das Herzblut aussaugt
Langsam
Als unersättlicher Vampyr.
Aber ach! Jene, die unser Glück sind und unser Trost,
Raffst du dahin –
Und am liebsten schließest du mild blickende Augen.
Grausam bist du, o Tod!

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Saar, Ferdinand von. Gedichte. Gedichte. Drittes Buch. Rhapsodien. An den Tod. An den Tod. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-AF1D-B