[46] 4

Winterabend

Schneebleich lag eine Leiche, und es trank
Daneben ein Geselle unverdrossen,
Bis endlich ihm der Himmel aufgeschlossen
Und er berauscht zu ihr aufs Lager sank.
Von rotem Wein den Becher voll und blank
Bot er dem Toten; bald war übergossen
Das Grabgesicht und purpurn überflossen
Das Leichenhemd; so trieb er tollen Schwank.
Die trunkne rote Sonne übergießt
Im Sinken dieses schneeverhüllte Land,
Daß Rosenschein von allen Hügeln fließt.
Von Purpur trieft der Erde Grabgewand:
Doch die verblaßte Leichenlippe schließt
Sich kalt und starr des Sonnenbechers Rand.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Keller, Gottfried. Gedichte. Gedichte. Sonette. 4. [Schneebleich lag eine Leiche, und es trank]. 4. [Schneebleich lag eine Leiche, und es trank]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-994E-7